ARMUT, REICHTUM & UMVERTEILUNG

15 Fakten zum Wohlstand in Österreich

Neiddebatten und alte Freund-Feind-Schemata sind gerade wieder hoch im Kurs. Als Industriellenvereinigung sind wir aber an einem sachlichen Diskurs interessiert. Mit „Armut, Reichtum & Umverteilung in Österreich“ lassen wir Fakten statt Mythen sprechen. Menschen, die viel Geld verdienen, leisten auch einen überproportionalen Beitrag für das Funktionieren des Sozialstaats: Zehn Prozent der steuerpflichtigen Bevölkerung liefern rund zwei Drittel des gesamten Volumens der Einkommensteuer. Diese Fakten zeigen einmal mehr auf, dass sich Leistung wieder lohnen muss. In diesem Sinne setzen wir uns weiterhin für die Entlastung des Faktors Arbeit ein, sodass es sich wieder für alle lohnt mitanzupacken.

1

Gibt es in Österreich viele arme Menschen?

NEIN.

Bei der Armutsbekämpfung gehört Österreich zu den besten Ländern. Lediglich 2,3 Prozent der Bevölkerung galten zuletzt als „erheblich materiell und sozial depriviert“, konnten sich also zentrale Dinge des Lebens nicht leisten. Der EU-Schnitt ist drei Mal so hoch. Dort, wo es durch die aktuelle Teuerungskrise zu Problemen gekommen ist, kann mit gezielten Maßnahmen geholfen werden. Pauschale Aussagen, wonach die Armut in Österreich massiv zunehme, lassen sich aus den harten Daten nicht bestätigen.

2

Geht die Schere immer weiter auf? Sind die Einkommen in Österreich ungleich verteilt?

NEIN, ganz im Gegenteil.

Die Einkommen sind in Österreich recht gleichmäßig verteilt. Der Gini-Koeffizient – die Einheit in der die Ungleichheit der Einkommensverteilung gemessen wird – lag hier zuletzt bei 0,28 (0 würde eine absolut gleichmäßige Verteilung bedeuten. Bei einem Wert von 1 hätte eine Person das gesamte Einkommen). Auch hier gibt es im Zeitverlauf kaum eine Veränderung – und Österreich liegt stets besser als der EU-Schnitt. Für den Lebensstandard der breiten Masse ist das tatsächliche Einkommen jedenfalls wesentlich wichtiger als (meist nicht liquide) Vermögenswerte.

3

Zahlen Gutverdiener wenig in den Steuertopf ein?

NEIN, im Gegenteil.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Die obersten zehn Prozent der Einkommensbeziehenden waren zuletzt für 61 Prozent der gesamten Lohn- und Einkommensteuer verantwortlich. Allein das oberste Prozent zahlt 22,5 Prozent des Steueraufkommens. Wendet man die gleiche Berechnungsmethode wie beim Gini-Koeffizienten (der Grad, der Ungleichheit bei Einkommen zeigt) an, dann zeigt sich: Die Konzentration bei der Einkommensteuer ist bereits höher als jene bei Vermögen.

4

Gibt es Menschen in Österreich, die keine Einkommensteuer zahlen?

JA.

Zuletzt gab es 2,7 Millionen Menschen, bei denen das Einkommen unter der Steuerfreigrenze lag. Für 1,9 Millionen davon ergab die Steuererklärung sogar eine Negativsteuer, d.h. diese Menschen haben eine Gutschrift von der Finanz bekommen. Darunter sind natürlich viele Pensionisten. Aber selbst wenn man sich nur die Arbeitnehmer ansieht, ist der Anteil jener, die eine negative Steuerleistung haben, im Jahr 2020 auf den neuen Rekordwert von 28,4 Prozent gestiegen.

5

Verteilen wir im internationalen Vergleich wenig um?

NEIN, definitiv nicht.

Im internationalen Vergleich gibt es wenige Länder in denen noch mehr umverteilt wird. Laut OECD-Daten entfielen in Österreich zuletzt knapp 40 Prozent der verfügbaren Haushaltseinkommen auf Transfers. Nur in Griechenland, Italien und Finnland war der Anteil noch etwas höher. Die These, Gutverdiener würden in Österreich wenig zur Finanzierung der staatlichen Aufgaben beisteuern, hat mit der Realität also nichts zu tun.

6

Geben wir wenig Geld für unsere Sozialleistungen aus?

NEIN.

Auch bei diesem Vergleich muss sich Österreich nicht verstecken. Pro Kopf wurden in Österreich zuletzt mehr als 12.000 Euro (kaufkraftbereinigt) für die diversen Sozialleistungen ausgegeben. Es gibt nur vier EULänder, in denen die Werte noch höher waren. Noch besser schneidet Österreich ab, wenn man sich die Nettosozialschutzausgaben ansieht. Manche Sozialleistungen – in Österreich vor allem die Pensionen – müssen nämlich versteuert werden, andere (z. B. das Arbeitslosengeld) nicht. Bei der Nettobetrachtung liegt nur mehr Frankreich vor Österreich.

7

Ändert sich das Umverteilungsbild, wenn man alle Steuern und Leistungen einbezieht?

NEIN, ganz im Gegenteil.

Berücksichtigt man auf der einen Seite alle direkten und indirekten Steuern sowie die Sozialversicherungsbeiträge, die bezahlt werden und auf der anderen Seite die Geld- und Sachleistungen, die ausbezahlt werden, dann zeigt eine aktuelle Wifo-Studie: die oberen 20 Prozent sind Nettozahler, die unteren 80 Prozent sind Nettotransfergewinner. Die Umverteilung fällt also auch bei gesamthafter Betrachtung sehr stark aus. Selbst wenn man die Pensionen außen vor lässt, sind die oberen 40 Prozent Nettozahler und 60 Prozent sind Nettogewinner.

8

Wird der Wohlstand von allen gleichermaßen erwirtschaftet?

NEIN.

Von den rund 8,9 Millionen Menschen, die im Jahr 2022 in Österreich lebten, waren nur rund vier Millionen erwerbstätig (selbständig oder unselbständig). Mit anderen Worten: Im Großen und Ganzen erwirtschaftet eine knappe Minderheit die Konsummöglichkeiten für eine knappe Mehrheit. Bei den knapp vier Millionen Erwerbstätigen ist zudem noch zu berücksichtigen, dass davon knapp 360.000 öffentlich Bedienstete sind, die also ebenfalls vom Staat bezahlt werden. Auch das sollten alle mitbedenken, die stets immer noch mehr Umverteilung fordern.

9

Sind die Menschen in Österreich im internationalen Vergleich besonders reich?

NEIN.

Die größten Nettofinanzvermögen (also nach Abzug von Krediten) hatten im Jahr 2021 die Dänen. Im Schnitt kamen sie auf knapp 187.000 Euro pro Kopf, der Österreich-Schnitt lag nur bei knapp 70.000 Euro, was Platz zehn bedeutet. Besonders ins Auge sticht: In vielen Ländern wird wesentlich stärker in klassische Vorsorgeprodukte investiert. In Österreich spielen diese hingegen kaum eine Rolle. Jahrelanges Schlechtreden privater Vorsorge scheint also seine Spuren hinterlassen zu haben.

10

Werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer?

NEIN.

Diese Aussage hört man zwar ständig, die harten Daten bestätigen das allerdings nicht. Sowohl laut Nationalbank (OeNB) als auch laut der World Inequality Database (WID) ist der Gini-Koeffizient – das gängigste Maß für Ungleichheit – weitgehend konstant. Österreich liegt auch nur minimal über dem EU-Schnitt. Dass Vermögen konzentrierter sind als Einkommen, ist auch naheliegend. Es handelt sich um Bestandswerte, die teils über Jahrzehnte aufgebaut wurden. Vermögensaufbau ist also auch ein Spiegelbild von 80 Jahren ohne Krieg.

11

Gibt es wirklich kaum vermögensbezogene Steuern in Österreich?

NEIN.

Die tatsächlichen vermögensbezogenen Steuern sind in Österreich deutlich höher, als es die in medialen Debatten meist verwendeten Statistiken suggerieren. Würde man auch die Grundbuchgebühr und die Immobilienertragsteuer berücksichtigen, lägen die vermögensbezogenen Steuern bei rund sechs Milliarden Euro und nicht bei 2,6 Milliarden (OECD-Definition) oder 3,7 Milliarden (EU-Definition). Im EU-Vergleich entspricht das einer ziemlich durchschnittlichen Steuerhöhe (in Relation zum BIP).

12

Übersieht die Statistik bestimmte Vermögensbestandteile?

JA, beträchtlich.

Laut einer OeNB-Studie lag das durchschnittliche Pensionsvermögen im Jahr 2017 bei rund 245.000 Euro und war somit in etwa gleich groß wie das durchschnittliche Geld- und Immobilienvermögen. Selbst bei den untersten zehn Prozent der Haushalte macht das Pensionsvermögen 120.000 Euro aus. Bei dieser gesamthaften Betrachtung sinkt der Vermögens-Gini um rund 30 Prozent – auf 0,53. Inklusive Pensionsvermögen ist die Ungleichheit also noch wesentlich geringer ausgeprägt.

13

Geben wir unsere Steuermittel zukunftsgerichtet aus?

NEIN.

Über die Jahrzehnte ist der Anteil der Sozialausgaben von rund 17 Prozent des BIP auf über 30 Prozent geklettert. Die öffentlichen Investitionen in Infrastruktur, Bildung oder Forschung sind hingegen kontinuierlich nach unten gegangen, von über sechs Prozent des BIP in den 60er- und 70er- Jahren auf rund drei Prozent in den 2000er-Jahren. Die Schere zwischen Transfers und Investitionen ist also sukzessive größer geworden. Heute gibt der Staat rund neun Mal so viel für Soziales aus wie für Investitionen, vor 60 Jahren lag das Verhältnis noch bei 3:1.

14

Wirkt Vollzeitarbeit dem Armutsrisiko entgegen?

JA.

Menschen die Vollzeit arbeiten sind wesentlich seltener von Armut bedroht. Bei ihnen lag die Armutsgefährdungsquote zuletzt bei 7,3 Prozent, bei Teilzeitbeschäftigten waren es 10 Prozent. Als armutsgefährdet gilt man, wenn man weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens hat. Nicht zuletzt deshalb ist es so wichtig, dass ausreichend Kinderbetreuungsplätze vorhanden sind, damit möglichst viele Menschen, die Vollzeit arbeiten wollen, das auch tatsächlich tun können.

15

Zahlen wir alle zu viel Steuern?

JA.

Wenn man eine höchstmögliche Belastung nicht als Selbstzweck ansieht, dann kann die Antwort auf diese Frage nur Ja lauten. Österreich war und ist ein Hochsteuerland. Die Abgabenquote – also das Verhältnis aller Steuern und Sozialbeiträge in Prozent des BIP – lag zuletzt bei 43,5 Prozent und war nur in drei EU-Staaten noch höher. Unter 41,5 Prozent lag die Abgabenquote seit 1995 nie. Es wird also höchste Zeit, dass wir über ausgabenseitige Reformen zu diskutieren beginnen und nicht über immer neue Steuern.

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